Unsere Forschungsinteressen

Menschliche soziale Wahrnehmung, Kognition, Kommunikation und Interaktion erfordern alle eine effiziente Analyse und Darstellung personenbezogener Informationen. Gesichter und Stimmen vermitteln eine Vielzahl sozial relevanter Informationen, darunter die Identität einer Person, ihre Emotionen, ihr Geschlecht, ihr Alter, ihre Attraktivität oder den Fokus ihrer Aufmerksamkeit. Wir untersuchen sensorische und wahrnehmungsbezogene Mechanismen zur Verarbeitung solch komplexer sozialer Stimuli, kognitive Prozesse, mit denen Menschen diese Signale bewerten und nutzen, um ihr soziales Handeln zu optimieren, und wir untersuchen auch die enge Kopplung zwischen Wahrnehmung und Ausdruck in der menschlichen Interaktion, die sich in automatischen Imitationsphänomenen zeigt.

In unseren Experimenten können wir (1) naturalistische, aber präzise kontrollierte Personenstimuli verwenden (z. B. Bild-, Video- und Stimmmorphe des zu untersuchenden sozialen Signals), (2) die an der sozialen Wahrnehmung, Kognition und Kommunikation beteiligte Hirnaktivität mittels verschiedener nicht-invasiver Techniken aus den kognitiven Neurowissenschaften (EEG, MEG, fMRT) sichtbar machen und (3) das Gesichts- und Stimmverhalten nicht-invasiv mittels computergestützter Video- oder Tonanalyse quantifizieren (Kowallik & Schweinberger, 2019). Während die Fähigkeiten der Personenwahrnehmung und der sozialen Interaktion typischerweise als effizient und mühelos erlebt werden, hat die jüngere Forschung gezeigt, dass es erhebliche individuelle Unterschiede gibt (z. B. Itz et al., 2017; Kaufmann et al., 2013). Insbesondere bei Autismus treten spezifische Veränderungen auf (z. B. Schneider et al., 2013, Kuchinke et al., 2011).

Unsere Forschung im Bereich der Personenwahrnehmung hat einen multimodalen Schwerpunkt und befasst sich insbesondere mit der Wahrnehmung von Gesichtern und Stimmen (Schweinberger et al., 2014, Schweinberger & Burton, 2011; Young et al., 2020). Wir konnten bereits die bemerkenswerte Fähigkeit des Gehirns zur audiovisuellen Echtzeitintegration von Gesichts- und Stimmsignalen während der sozialen Wahrnehmung zeigen (Schweinberger, 2013). Weiterhin planen wir, unsere gemeinsame Forschung auf andere sensorische Modalitäten wie soziale Berührungen (z. B. Schirmer et al., 2021) oder den Geruchssinn auszuweiten. Darüber hinaus haben wir gezeigt, dass die mentale Perspektivenübernahme (oder „Theory of Mind“) für Erwachsene in impliziten Situationen von großer Bedeutung ist (Schneider et al., 2012), wie es in natürlichen sozialen Interaktionen häufig der Fall ist. Ein einheitlicher Forschungsansatz für die Erforschung von Personenwahrnehmung, sozialer Interaktion und Theory of Mind hat in der Vergangenheit weitgehend gefehlt. Wir versuchen, diese Ansätze in unserer aktuellen und zukünftigen Forschung zu integrieren (Schweinberger & Schneider, 2014; Kang et al., 2018). Unser Ziel ist es, ein umfassenderes Verständnis normaler und veränderter menschlicher Systeme der Personenwahrnehmung und der sozialen Interaktion zu fördern, um dazu beizutragen, soziale Potenziale bei Autismus zu aktivieren und die betroffenen Menschen dabei zu unterstützen, ein besseres, integrierteres und erfüllteres Leben zu führen.

Ungefähr einmal im Monat veranstalten wir in Jena einen Autismus-Journal-Club. Hier präsentieren und diskutieren wir neueste Forschungsergebnisse und Entwicklungen in der Autismusforschung und -intervention. Um einen Überblick über vergangene und kommende Sitzungen und Diskussionen zu erhalten, siehe hier. Falls Sie Interesse haben, teilzunehmen, wenden Sie sich bitte an Dr. Helene Kreysa (helene.kreysa@uni-jena.de) oder Andrea Kowallik, M.Sc. (andrea.kowallik@uni-jena.de).